| | Heute ist Olga Sedakowa eine der bekanntesten lyrischen Stimmen in Russland. Den Zyklus »Chinesische Reise« verfasste sie 1986, als sie zum literarischen Underground gehörte und ihre Texte im Samisdat kursierten. Die Dichterin verbrachte ihre Kindheit in China, doch die »Chinesische Reise« bezieht sich kaum auf konkrete Eindrücke aus dieser Zeit. Vielmehr entfalten sich in den achtzehn Gedichten klassische Naturmotive chinesischer Poesie und darstellender Kunst (Mond, Wasser, Widerspiegelung im Wasser, Trauerweiden, Berge) zu philosophischen Methapern, in denen zentrale Fragen der fernöstlichen Spiritualität verhandelt werden: Verzeihen, Loslassen, Liebe, Abschied … In den raffiniert-schlichten Texten macht sich Olga Sedakowa auf eine imaginäre Reise zu dem »was mit niemandem ist, mit allen / was nirgends ist und in allem – unbegrenzt. / Von der Größe eines Schwalbenauges / eines trockenen Brotkrümels / einer Leiter auf Schmetterlingsflügeln / der entrollten Leiter des Himmels«. |
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